Die
im Rahmen einer Haushaltsbefragung zum Direktmarketing
der Stadtwerke Lemgo im Stadtteil Lieme
identifizierten Interessenten wurden in einem
persönlichen Gespräch im häuslichen Umfeld über den
Stadtbus im Allgemeinen sowie über die besonderen
tariflichen Bestimmungen und Angebote aufgeklärt.
Grundsätzlich war die Reaktion der Probanden auf die
intensive Betreuung durch die Stadtwerke in Form des
persönlichen Gespräches vor Ort durchweg sehr positiv.
Sie schätzten besonders die Möglichkeit, individuelle
Hindernisse und Probleme bei der Nutzung des Systems
anzusprechen und sich etwaige Lösungen individuell
aufzeigen zu lassen.
Im Rahmen der Gespräche fielen vor allem der geringe
Kenntnisstand bezüglich der Tarifstruktur sowie der
mit der LemGoCard verbundenen Bestimmungen auf. Im
Hinblick auf die Struktur des Liniennetzes zeigte sich
teilweise eine stark abstrakte Wahrnehmung, die
gelegentlich zum Nachteil für das System ausfiel: So
war das Netz zwar überwiegend bekannt, die Bedeutung
der direkten Umsteigemöglichkeiten am Treffpunkt aller
Stadtbuslinien ohne Aufwand und Zeitverlust wurde
jedoch häufig nicht erkannt. So galt der Bahnhof bspw.
immer wieder als „von Lieme aus nicht erreichbar“,
obwohl bei einem direkten Umstieg in die Linie 1 am
Treffpunkt der Bahnhof in 3 Minuten erreicht werden
kann. Hier blockiert falsche Wahrnehmung die Nutzung –
eine Hemmschwelle, die so lange fortbestehen wird, ehe
nicht tatsächliches Praktizieren eines
Umsteigevorgangs den "Aha-Effekt" bringt.
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Das
Beispiel zeigt, wie vergleichsweise einfach
auszuräumende Unsicherheiten aufgrund von
Informationsdefiziten eine hohe Hemmschwelle aufbauen,
die die Busnutzung mit verhindert. Durch das
persönliche Informationsgespräch und das Ausstellen
einer kostenlosen Monatskarte sollte erreicht werden,
dass durch eigene „Erfahrung“ des Stadtbus-Systems
Hemmschwellen abgebaut und eine positivere Einstellung
in Bezug auf die Alternative „Stadtbus-Fahren“
erreicht wird. Die Probanden sollten nicht gleich zum
Erwerb einer Jahreskarte bewogen werden, in jedem Fall
aber zum häufigeren Nutzen der Stadtbusse mit Einzel-
und Vierertickets.
Die Reaktionen der Probanden im Gespräch schienen
diesbezüglich oft viel versprechend. Nahezu alle
Probanden sahen für sich grundsätzlich die
Möglichkeit, den Stadtbus häufiger zu nutzen. Dies war
insbesondere der Fall, wenn ein Wechsel der
persönlichen Lebenssituation bevorstand, wie
Arbeitsortswechsel, Eintritt ins Rentenalter oder
Familiennachwuchs. Offenbar ist die Bereitschaft
höher, mit dem neuen Lebensabschnitt auch eingefahrene
Verhaltensweisen wie die Pkw-Nutzung in Frage zu
stellen.
Nicht so leicht auszuräumen ist dagegen die subjektive
Einschätzung, dass die Fahrten mit dem Bus zu teuer
seien. Auch Vierertickets wurden im Vergleich zum
ohnehin vorhandenen Auto als zu teuer eingeschätzt.
Über die Abschaffung des Zweit-Pkws und das Umsteigen
auf den Bus wurde lediglich in einem Haushalt
nachgedacht. Vor diesem Hintergrund erscheint das
persönliche Beratungsgespräch umso wichtiger. Es ist
die Chance, die Wahrnehmung des ÖPNV durch die
Probanden positiv zu beeinflussen. Das kostenlose
Monatsticket als Schnupperticket erhöht die
Bereitschaft der Probanden, sich tatsächlich mit dem
ÖPNV zu befassen. Da das K.O.-Kriterium „zu teuer“ für
einen Monat entfällt, ist der Blick offen für die
Vorteile des Busfahrens. Auf einer Notenskala von 1
bis 6 erhält das Gesamtsystem „Stadtbus Hürth“ eine
Note von 2,6. Im Durchschnitt weisen auch andere
Leistungsmerkmale des Stadtbusses gute Werte auf.
Deutlich unzufrieden waren dagegen die Befragten an
Samstagen mit dem Fahrtenangebot sowie mit dem frühen
Betriebsschluss. Inzwischen wurde die Betriebszeit
verlängert. Die breite Akzeptanz des Stadtbusses in
der Bevölkerung spiegelt sich auch in der Struktur der
Stadtbusnutzer wider. Der Stadtbus ist mehrheitlich
weder ein „Schülerbus“ noch ein „Rentnerbus“, das
Angebot wird auch von den weniger ÖPNV-affinen
Personen in den Alterklassen 18 bis 60 Jahre
gleichermaßen nachgefragt. Auch sind die Nutzer
überwiegend wahlfrei, 73 % verfügen ständig und
weitere 21 % bedingt bzw. nach Absprache über einen
Pkw. Dass der Stadtbus noch weitere Kundenpotenziale
in sich birgt, zeigt sich an dem hohen Anteil der
Gelegenheitsnutzer mit rd. 60 %, die höchstens
wöchentlich und seltener mit dem Stadtbus fahren.
Ansatzpunkte zur Gewinnung weiterer Kunden liegen zum
einen in der Entwicklung innovativer Formen von
Marketingaktivitäten, wie dies in Form des
Direktmarketings in Hürth in den einzelnen Ortsteilen
bereits praktiziert wird, zum anderen in der stärkeren
Vermarktung des Job-Tickets. Die Ergebnisse der
Befragung zeigen dabei, dass hier Chancen weniger bei
den gewerblich Beschäftigten, sondern vielmehr bei den
Mitarbeitern des Einkaufszentrums „Hürth-Park“ sowie
bei der Stadtverwaltung bestehen. |